Platon, Johannes' und El Grecos selbstlogifizieren­des Zeichnen

Die von Nicolas Turner1 El Greco (1541–1614) zugeschriebene Zeichnung2 (Abb. 1.) der Adultera3 zeigt in eschatologischer Perspektive Jesus Christus zweimal dargestellt: Einmal, genau wie das Johannes-Evangelium duozentrisch erzählt, zum Boden geneigt, im Sand etwas zeichnend4 und dann ein zweites Mal, wieder aufge- (oder für die Christen aufer-)standen, die erlösenden Worte deklamierend: „Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein.“5 El Greco, der sich als kreierender Zeichner mit dem am Boden zeichnenden Jesus und dem schöpfenden Christus identifiziert, ergreift die Möglichkeit der Doppel-Darstellung von Jesus Christus, die das Evangelium bietet. Er kreiert ein in sich bewegtes Bild, das aus sich heraus die Gläubigen spirituell und seelisch bewegen soll.

1 Turner N., Privatgutachten, 2019
2 im Eigentum des Autors
3 vgl. Joh. 7,53–8,1–11: „Christus und die Ehebrecherin“
4 Vgl. Joh. 8,8: καὶ πάλιν κατακύψας ἔγραφεν εἰς τὴν γῆν (gr. Engraphein = schreiben, malen, zeichnen). Ich danke Prof. George Karamanolis (Universität Wien, Institut für Philosophie) für den Hinweis.
5 vgl. Joh. 8,7

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